Mitten in Ballendorf, direkt unterhalb der Kirche, steht ein Haus, das jedes Jahr im Oktober besondere Blicke auf sich zieht: Bei Familie Giedo wird Halloween nicht einfach gefeiert, hier wird ein ganzes Dorf verzaubert. Kinder, Eltern, Großeltern, alle bleiben stehen, staunen und lachen, wenn Kürbisse singen, ein Besen über dem Hof schwebt oder eine Hexe das prall gefüllte Süßigkeitenbuffet bewacht.
Als der Zauber nach Ballendorf zog
Alles begann eher unscheinbar. Familie Giedo war 2015 nach Ballendorf gezogen, zuvor lebten sie in der Stadt, wo Halloween kaum eine Rolle spielte. „Wir hatten damit einfach nichts zu tun“, erinnern sie sich. Doch als im Herbst 2015 die ersten verkleideten Kinder an ihrer Tür klingelten, standen sie ohne Süßigkeiten da. „Es tat uns richtig leid, dass wir nichts zu geben hatten. Die Kinder waren so hübsch verkleidet, da war für uns sofort klar: Im nächsten Jahr müssen wir etwas vorbereiten.“
Gesagt, getan. 2016 standen die ersten kleinen Naschtüten bereit, begleitet von ein paar Kürbissen und einer Handvoll Deko. „Ganz sporadisch haben wir angefangen, einfach weil’s Spaß gemacht hat.“
Doch schon im Jahr darauf wuchs die Idee: Mehr Licht, mehr Figuren, mehr Musik. Mit jedem Herbst kamen neue Ideen, neue Bastelprojekte, neue Effekte hinzu. „Dann dachte ich: Mensch, das können wir machen und das können wir machen…“
Vom kleinen Garten zum Ort des Gruselns
Jahr für Jahr wuchs der Aufwand, die Kreativität nahm zu, die Dekoration wurde immer aufwändiger. Aus dem kleinen Garten und Hof entstand ein Ort des Gruselns, der heute in Ballendorf seinesgleichen sucht.
Nicht nur die Deko ist beeindruckend, auch die Technik dahinter: Viele Elemente sind selbst gebaut, wie zum Beispiel der fliegende Besen über der Einfahrt. Die Familie experimentiert mit 3D-Druckern, um eigene Laternen und Spinnennetze herzustellen. Animatronics aus den USA, wie eine bewegliche Hexe sorgen für besondere Effekte. Die Kürbisse „sprechen“ und begrüßen jeden Besucher, das Riesenskelett auf dem Vordach grinst unaufhörlich ins Dorf.
„Es ist Wahnsinn, was es alles gibt“, sagt die Familie. „Wir haben Figuren aus Amerika einfliegen lassen und teilweise übersetzen lassen, damit Tonspuren und Musik genau passen. Und das Ganze dann in unser kleines Dorf zu bringen, macht unglaublich viel Spaß.“
Damit der Halloween-Abend so reibungslos abläuft, beginnt die Planung schon Wochen vorher. Möbel werden verschoben, die Garage umgebaut, Stromkabel verlegt. Bei schlechtem Wetter muss improvisiert werden: Grabsteine, Dekorationen und Lichtsysteme werden gesichert, damit nichts beschädigt wird. Stundenlange Bastelabende, Schokolade für eigene Pralinen gießen, Kürbissuppe kochen, Muffins backen – all das gehört dazu. „Die Vorbereitungszeit ist extrem, aber wir machen das gerne. Alles andere wäre langweilig“, lachen die Giedos.


Das Gruselbankett als Höhepunkt
Das Highlight der Spuksaison ist das Gruselbankett am Halloweenabend: In diesem Jahr drehte sich alles um Hexen – das Thema zog sich durch jede Ecke des Grundstücks, die Dekoration verwandelte es förmlich in ein Hexenhaus voller Geheimnisse und Magie. Es gab giftgrüne Muffins, selbst gegossene Schokoladen-Hexen, Kürbissuppe und Chili con Carne. Für die Kinder standen wie jedes Jahr vorbereitete Tüten mit Leckereien bereit, damit niemand leer ausgeht. Viele Dorfbewohner blieben stehen, plauderten, genossen die Atmosphäre und ließen sich verzaubern.






Ein besonderer Dank gilt allen Helfern – Eltern, Freunden und Kindern – die beim Aufbau, Kochen und Schmücken mitgeholfen haben. Ohne sie wäre dieser magische Abend nicht möglich gewesen.
Spuk und Aberglaube – Ballendorfs unsichtbare Gäste
Dass Halloween so gut nach Ballendorf passt, ist vielleicht kein Zufall. Schon lange, bevor Kürbisse auf den Höfen leuchteten, erzählten sich die Menschen hier im Dorf unheimliche Geschichten. Eine dieser alten Begebenheiten ist in einem Buch über die Schulgeschichte von Ballendorf überliefert, die sich allerdings nicht genau datieren lässt. Der alte Kantor hatte sie vor Jahrzehnten aufgeschrieben, und der mußte es ja wissen:
„Eine Bäuerin hatte stets etwas mehr Butter im Butterfaß als ihre Nachbarinnen. Natürlich prahlte sie mit ihren Künsten. Und das wiederum wurmte eine andere Bauersfrau ganz gewaltig. Immer wieder bemühte sie sich, ihr das Geheimnis zu entlocken.
Eines Tages, bei einer hellen Vollmondnacht, willigte die Nachbarin ein und bestellte die neugierige Bauersfrau zur späten Abendstunde auf ihren Hof. Vor dem Misthaufen zelebrierte sie eine merkwürdige Geisterbeschwörung.
Das wurde der Nachbarsfrau zu unheimlich, und sie rannte davon. Gerade noch sah sie, wie der Teufel mit einer Flamme aus dem Misthaufen entwich. Erregt stürzte sie nach Hause, wälzte sich schlaflos im Bett und erzählte die furchtbare Beobachtung anderntags unter dem Siegel der Verschwiegenheit allen anderen Bauersfrauen im Dorf.
Und seitdem ist es eben nicht mehr ganz geheuer in den Gassen der Bauerngemeinde.“
(Tischer, Werner: Schulchronik Ballendorf; Von den Anfängen im 16. Jahrhundert bis in das Jahr 1968; von 2004; Seite 386 folgende)
Solche Erzählungen sind in Ballendorf keine Seltenheit. Manche Familien wussten von Kobolden zu berichten, kleinen, störrischen Wesen, die Türen klappern ließen und das Vieh erschreckten. Andere kannten wiederum Sprüche und Rituale, um solche Geister fernzuhalten. Wer sich mit den Ältesten im Dorf unterhält, erfährt schnell, dass zwischen manchen Mauern und Dachbalken noch ein kleines Stück Aberglauben lebt.
Und vielleicht ist es gerade das, was Ballendorf so besonders macht: Hier treffen alte Geschichten und modernes Dorfleben aufeinander. Wenn heute leuchtende Kürbisse auf den Höfen stehen und lachende Kinder durch die Straßen ziehen, dann ist das nichts anderes als eine moderne Form dessen, was schon immer Teil des Dorfes war – das gemeinsame Erleben, das Erzählen, das Staunen.
Ein großes Dankeschön an die Familie Giedo, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz nicht nur Kinderaugen zum Leuchten bringt, sondern auch die Dorfgemeinschaft stärkt und Ballendorf jedes Jahr ein kleines Stück magischer macht.
Eure Familie Giedo
und
der KuH Verein Ballendorf

